DFH-Stipendiatin Maria
2007/2008 mit IST in Rowlett, Texas
Berichte und Fotos:
The Road Not Taken”- Reflektionen zu meinem Auslandsjahr in den USA
Als DFH-Stipendiatin 2007/2008 ist es für mich in vieler Hinsicht unfassbar, dass seit meinem Aufenthalt in Rowlett, Texas irgendwie, irgendwo, 10 Jahre vergangen sein sollen. So viele meiner Erinnerungen an diese Zeit sind noch so klar und eindrucksvoll wie damals: der ratternde, klappernde gelbe Schulbus, der mich jeden Morgen unter der Straßenlaterne erwartete; die kleinen, einzelnen Hochklapptische in meinen Klassenzimmern hinter denen ich oft so gespannt Neues gelernt habe; die unglaubliche Vielfalt an Essen beim Thanksgiving Fest; die Freude meiner amerikanischen Klassenkameraden, als der erste und einzige “Schnee”(für mich wohl eher Schneeregen) fiel. Es gibt einfach zu viele Eindrücke, um sie aufzuzählen! Nur 9 Monate war ich in den USA und doch habe ich das Gefühl, dass ich dort solch einen Reichtum an Erfahrungen gesammelt habe, wie ich ihn sicher daheim wohl nicht in 10 Jahren anhäuffen könnte.
Texas, USA 2007: Mit den Damen meiner Gastfamilie bei einem Picknick im Dallas Arboretum, Nationalitäten: 2, Kontinente: 2
Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass das Auslandsjahr meinen darauffolgenden Weg so entscheidend geprägt hat! Sicher haben alle Austauschschüler andere Geschichten; es bleibt keiner unberührt und doch wirkt es auf jeden Teilnehmer unterschiedlich. Ich bin fest davon überzeugt, dass die eigene Einstellung zu dem Jahr eine fast noch entscheidendere Rolle dabei spielt, als die speziellen Erfahrungen jeder Person. Für mich persönlich war alles eigentlich von dem Zeitpunkt an klar, als ich den Anruf bekam, dass ich das Stipendium erhalten hatte. Meine Familie hätte sich das nie leisten können und doch hatte ich immer von einem High School Jahr geträumt – und jetzt sollte sich mein Traum verwirklichen! Das war kein Zufall, das war mir klar, und ich wusste und wollte, dass diese Chance auf meinen weiteren Lebensweg einen entscheidenden Einfluss hat.
Natürlich kann man nie wissen, wie und wo ich jetzt leben würde, hätte ich das Stipendium nicht erhalten. Doch da, wo ich jetzt bin, wäre ich sicher nicht. Während meinem USA Aufenthalt belegte ich unter vielen anderen den English Pre-AP Kurs, einen englischen Literaturkurs, der, wie mein Counselor mir sagte, vielleicht etwas zu schwer werden würde. Ich belegte ihn trotzdem, weil, damals wie heute, Lesen und und über Texte nachzudenken, eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist. War es möglicherweise die beste Entscheidung während meines Auslandsjahres? Nicht nur hatte ich durch die Bibliothek endlich den nahezu unbegrenzten Zugang zu englischen Büchern, den ich mir lange gewünscht hatte, mein Lehrer, Dr Radloff, war außerdem unglaublich motivierend und inspirierend und gab mir nicht nur die Möglichkeit sondern auch das Selbstbewusstsein Literatur von der Perspektive eines “Native Speakers”zu untersuchen. Damals wuchs in mir der Traum, einmal englische Literatur in einem englischsprachigen Land zu studieren und als ich ihn, sehr schüchtern, an meinem allerletzten Schultag fragte, ob er denke, dass ich das schaffen könnte, sagte er die vielleicht wichigsten Worte, die ich bisher in meinem Leben gehört habe. “Of course!”
So ist das wohl: ein Traum erfüllt sich – und der öffnet den Horizont für neue Träume. Plötzlich konnte ich Dinge sehen und mir vorstellen, die ich vorher nicht mal in Erwägung gezogen hatte. Persönlicher Wachstum ist eines der absolut besten Ergebnisse eines Auslandsaufenthaltes – daran besteht für mich kein Zweifel.
Ich musste also mein Herz von all den neuen wunderbaren Freunden und liebgewordenen Plätzen trennen und zurück in ein Deutschland ziehen, dass nur das alte “Ich”kannte und dem ich das neue nur sehr schwer erklären konnte. Ich merkte sehr schnell, dass ich eigentlich nur richtig von anderen Ex-Austauschschülern verstanden wurde. Ich will ehrlich sein: es war keine leichte Zeit, dieser “Reverse Culture Shock”, doch auch er wurde mir wertvoll. Ich stürzte mich mit Feuereifer in mein Projekt: so viele englische Bücher lesen wie möglich, um mich schließlich an einer Uni in England zu bewerben.
Zwei Jahre später, mein Abi in der Tasche, zog ich nach Durham, England, studierte dort an der Uni “English Literature”, hatte die beste Zeit, die man sich vorstellen kann, und machte nach meinem Bachelor noch das PGCE, das englische Lehrerzertifikat. Auch bei dieser Entscheidung waren mir meine Lehrer aus Amerika eine Inspiration – so wie sie mich unterstützt, mich neugierig und risikobereit gemacht hatten, so wollte ich das auch bei meinen Schülern machen.
Momentan lebe und arbeite ich nun schon im vierten Jahr in Prag: internationales Leben; die englische Sprache jeden Tag hören, lesen und sprechen; mit Kollegen und Freunden aus aller Welt Gemeinschaft haben: es gibt für mich eigentlich nichts Schöneres. Als Lehrerin für englische Sprache und Literatur, sowie Deutsch als Fremsprache, sehe ich jeden Tag Schüler, deren Leben wie meines von Aufenthalten in verschiedenen Laendern geprägt ist. Ich kann ihnen helfen, wenn sie mit den Schwierigkeiten, die diese Position mit sich bringt, ringen oder sie beraten, wie man die Bereicherung, die man dadurch erfährt, hilfreich und weise in seinem Leben verwendet.
Prag,Tschechien 2017: Eine Geburtstagsfeier mit meinen Freunden, Nationalitäten: 8, Kontinente: 4
Vieles began für mich mit meinem Jahr in Amerika und ich vermute, dass es wegweisend für den Rest meines Lebens sein wird. Natürlich. Ich habe mich dazu entschieden: ich wusste, dass dieses Jahr das Einschlagen eines neuen Weges sein könnte, der meine Zukunft unauslöschlich verändern würde. Und genauso wollte ich es auch.
Da ich ja Literatur studiert habe und er außerdem passenderweise ein amerikanischer Poet war, möchte ich meine Reflektionen mit einem Gedicht von Robert Frost beenden, welches viel besser die Wirkung meines Auslandjahres einfängt, als ich es in 1000 Worten beschreiben könnte.
The Road Not Taken
By Robert Frost
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.
I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I—
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.