Cordula aus Zittau
2005/2006 mit IST an der Lincoln Park High School in Chicago
Berichte und Fotos:
Mein High School Aufenthalt 2005/2006 in Chicago, Illinois (USA)
Wer war ich damals?
Ich bin Cordula Schubert-Berker, geb. Schubert, und bin im beschaulichen Sachsen aufgewachsen. Geboren wurde ich 1987 in Zittau, wo ich auch meine Gymnasialzeit verbrachte. Schon von Anfang an zeichnete sich ab, dass Sprachen meine wohl größte Stärke sind. Wenn ich gekonnte hätte, wären wohl meine beiden Fremdsprachen Englisch und Russisch meine Leistungskurse geworden.
Wie alles seinen Anfang nahm
Vor nunmehr über 10 Jahren setzte ich mir – inspiriert durch die zahlreichen in der Schule ausliegenden Zeitschriften – in den Kopf, dass ein Auslandsaufenthalt für mich genau das Richtige sei. Da von Anfang an klar war, dass meine Eltern ein solches Abenteuer nicht würden finanzieren können, begann ich zu recherchieren, welche anderen Möglichkeiten es gab. Damals, zu Zeiten des guten alten 56k-Modems und dem ständig drohenden Wechsel in einen teuren Surftarif, war das gar kein so einfaches Unterfangen. Nach einem gescheiterten Versuch beim PPP-Stipendium des Deutschen Bundestags für das Schuljahr 2004/2005 wagte ich für 2005/2006 einen neuen Versuch, dieses Mal beim Deutschen Fachverband Highschool – und hatte Erfolg. Da das Schuljahr 2005/2006 für mich die 12. Klasse und damit mein Abiturjahr gewesen wäre und eine Unterbrechung der Sekundärstufe II in Sachsen prinzipiell nicht gestattet ist, war erst noch eine bürokratische Hürde zu nehmen: das Regionalschulamt zu einer Sondergenehmigung bewegen. Glücklicherweise war auch dieses Problem irgendwann aus dem Weg geräumt. Es konnte also losgehen. Mit der Sprache zurechtzukommen hat mir wenig Sorgen bereitet, alles andere dafür schon. Immerhin war es doch ein bedeutender Schritt, meine Freunde und Familie für fast ein Jahr zurückzulassen. Schwierig war für mich vor allem das Wissen, dass mein Abiturjahrgang, wenn ich wiederkomme, schon nicht mehr da und meine Freunde bereits über den ganzen Erdball verstreut sein würden.
Wohin hat es mich geführt?
Ende August 2005 war es dann so weit. Organsiert durch meine Austauschorganisation IST trat ich meine Reise in die USA an, genauer gesagt nach Chicago. Chicago oder auch „The Windy City“ liegt am westlichen Ufer des Lake Michigan im nördlichen Teil des Bundesstaats Illinois an der Grenze zu Indiana.
Und wie war’s da so?
Meine Gastfamilie bestand streng genommen nur aus einer Person, Ms. Kim Eriksson. Dem Gedanken folgend, dass Sie allein den Unterhaltungsansprüchen eines Teenagers nicht gerecht werden könnte, nahm sie nicht nur mich auf, sondern ebenfalls eine französische Austauschschülerin – Célia. Wir lebten in Kims Apartment in Chicagos North Side. Kim und ich kamen gut miteinander aus, auch wenn kleinere Reiberein natürlich nicht ausblieben, denn mit meinen beinah 18 Jahren war ich ja immerhin schon erwachsen und wusste manche Dinge eben aus Prinzip besser. Im Großen und Ganzen verlief unser Zusammenleben aber recht harmonisch. Ich habe aber auch lernen müssen, wie man mit eigenwilligen Charakteren zurechtkommt, denn sowohl Célia als auch Kim waren nicht immer einfach. Aber das mag man wohl auch über mich sagen. Célia und ich besuchten die Lincoln Park High School unweit des Stadtzentrums von Chicago. Täglich reihten wir uns in die Scharen von Pendlern ein und nahmen die Brown Line der „L“, der Hochbahn/U-Bahn. Die Fächerauswahl an amerikanischen Schulen hat mich doch etwas überrascht, auch wenn mir das eine oder andere schon aus Filmen bekannt war. Aber wer glaubt schon Hollywood, nicht wahr? Meine Meinung zum amerikanischen Schulsystem war nach meinem Aufenthalt dort keine besonders hohe. Dass ich als Ausländer in einem AP-Kurs in American Government und Politics durchweg die besten Noten bekam, ohne mich übermäßig anzustrengen, war doch recht ernüchternd. Nachdem ich nun einige Jahre Abstand dazu habe und mich in dieser Zeit auch kritisch mit unserem bundesdeutschen Bildungssystem auseinandergesetzt habe, sehe ich die Sache allerdings nicht mehr mit ganz so scharfen Kanten.
Und sonst so?
Über das Jahr hinweg gab es natürlich auch einige Highlights. Da Célia und ich beinahe am gleichen Tag Geburtstag haben, lag es natürlich nahe, eine etwas größere Party zu veranstalten, zumal es unser 18. Geburtstag war.
Thanksgiving und Weihnachten
Die großen Feiertage Thanksgiving und Weihnachten waren natürlich ebenso ein großes Highlight. Der Chicagoer Christkindl Market war für mich als Deutsche dabei natürlich eine schöne Verbindung in die Heimat. Das Lebkuchenherz, das ich mir damals als Andenken gekauft habe, halte ich auch heute noch in Ehren.
St. Patrick’s Day
Wer einmal die Gelegenheit hat, Mitte März in Chicago zu sein, dem lege ich die jährliche Parade zum St. Patrick’s Day sehr ans Herz, bei der unter anderem der Chicago River grün gefärbt wird. Allerdings sollte man sich gegebenenfalls auf für einen Deutschen seltsam anmutende politische Werbung gefasst machen
Spring Break
In Erinnerung bleiben wird mir auch unser Ausflug nach Florida. Während des Spring Breaks lud mich Kim ein, eine Woche im Ferienhaus einer Bekannten in Naples, Florida, zu
verbringen. Bei herrlichem Wetter und mit eigenem Pool ließen wir die Seele baumeln.
Wie ging es dann weiter?
Nach meiner Rückkehr im Juni 2006 verbrachte ich die letzten 4 Schulwochen des Schuljahrs 2005/2006 an einer wieder mal neuen Schule – denn mein Heimatgymnasium war zwischenzeitlich leider geschlossen worden. Ein Jahr später legte ich die Abiturprüfungen ab und zog wieder in die Welt hinaus, wenn auch nicht ganz so weit. Ich schrieb mich an der Universität Leipzig in den Bachelor Translation ein. Das erklärte Ziel: Irgendwann einmal Dolmetscher bei der EU oder UNO werden. So ganz geklappt hat das dann doch nicht. Meine nächste Station war dann erst einmal die Fachhochschule Köln und das Masterstudium in Terminologie und Sprachtechnologie. Ein Praktikum verschlug mich in den Süden der Republik, nach Regensburg. Nachdem ich dort auch meine Masterarbeit geschrieben hatte, blieb ich an diesem wunderschönen Fleckchen Erde und lebe seitdem hier mit meinem Mann.
Wer bin ich heute?
Heute arbeite ich als Terminologe für ein großes Industrieunternehmen in der Abfüll- und Verpackungsbranche und versuche den Fachwortschatz meines Kunden zu vereinheitlichen – multilingual. Dem sprachlichen Hintergrund bin ich also treu geblieben. Den USA und der US-amerikanischen Kultur bin ich nach wie vor interessiert verbunden. Meine Eltern nahmen für einen kurzen Aufenthalt eine amerikanische Austauschschülerin auf; ich unterstützte zwei Jahre Studenten der University of Dayton, Ohio, bei ihrem Summer-School-Aufenthalt in Leipzig als Mentorin. Zu meiner Gastmutter pflegte ich bis zu ihrem Tod in diesem Frühjahr einen regelmäßigen Kontakt.
Wie hat mich mein High-School-Aufenthalt geprägt?
Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass mich mein Schuljahr in den USA nachhaltig beeinflusst hat. Nicht nur habe ich meine Sprachkompetenz in einem Maß ausgebaut, das mir später das Übersetzerstudium möglich war. Für viel essentieller halte ich die Möglichkeiten, meine Persönlichkeit zu entwickeln, mich aus meiner Komfortzone zu begeben und Situationen zu stellen, deren Tragweite ich nicht absehen kann. Ohne Frage war dieser Auslandsaufenthalt für mein Leben ein Meilenstein, den ich nicht missen möchte.