DFH-Stipendiat Carlos:
im Schuljahr 2024/25 mit Carl Duisberg Centren in den USA
Nachdem ich Mitte Juli endlich die Zusage für meine Gastfamilie erhalten hatte, ging alles rasend schnell. Ich war mit meinen Eltern und meiner Schwester noch im Sommerurlaub als der Anruf der Agentur kam und nach unserer Rückkehr hatte ich nur noch zwei Wochen Zeit, um alles vorzubereiten. Am 4. August war es dann soweit. Ich bin Sonntagsmorgen um 6 Uhr in Bremen
gestartet und über Amsterdam und Atlanta nach Monroe geflogen. Dort hat mich meine Gastfamilie abgeholt.
Zu meiner Gastfamilie gehören neben den Gasteltern zwei Gastgeschwister. Mein Gastbruder ist genauso alt wie ich und meine Gastschwester ist 2 Jahre jünger. Außerdem gehören zur Familie noch drei Hunde und eine Katze. In Louisiana hat fast jede Familie mindestens einen Hund und alle haben große Häuser und riesige Grundstücke. Um zu seinen Freunden zu fahren, braucht man ein Auto, da die Distanzen ziemlich groß sind. Da man schon mit 16 den Führerschein machen kann, haben auch alle meine Freunde und mein Gastbruder ein Auto und ich konnte überall mitfahren. Gleich an meinem ersten Tag bin ich mit meinem Gastbruder und ein paar seiner Freunde zu einem See in der Nähe gefahren, wo wir zum „tubing“ und zum Wasserskifahren gewesen sind. Das war toll!
Und schneller als ich dachte, fing die Schule an. Es gab zwar keine Schuluniformen, aber eine Kleiderordnung. Man durfte nur blaue Jeans oder beigefarbene Hosen und Poloshirts in rot, blau
oder weiß tragen. Einfarbige Langarmshirts waren auch okay. Ebenso streng wie die Kleiderordnung war auch die Handynutzung in der Schule. Es war absolut verboten, sein Handy während des
Unterrichts zu benutzen. Wenn man erwischt wurde, musste man das Handy beim ersten Mal für 5 Tage abgeben oder für 20 US $ zurückkaufen, beim zweiten Mal wurde das Handy für 20 Tage
einkassiert und beim dritten Mal drohte ein Schulverweis.
Die Schule in Louisiana ist komplett anders als ich es aus Deutschland kenne. Der Stundenplan ist jeden Tag derselbe. Man hat 7 Unterrichtsstunden inklusive einer Mittagspause. Der Unterricht für mich war jeden Tag um 15 Uhr zuende, weil ich in meiner siebten Stunde immer Sport hatte und das meist bis 18 Uhr. Da ich in Deutschland Fußball spiele, war ich der Kicker des Football Teams der Schule und hatte auch jeden Freitag ein Footballspiel. Unsere Mannschaft hat sich auch für die Playoffs qualifiziert, wo wir dann aber in der 3. Runde ausgeschieden sind. Am Ende der Saison habe ich eine Auszeichnung zum All-District und All-State-Kicker bekommen. Ich durfte auch meine gesamte Football-Ausrüstung samt Helm mitnehmen und habe von meinen Eltern zu Weihnachten eine sogenannte „Letter Man Jacke“ bekommen, wie man sie von amerikanischen Kollege Filmen kennt, welche meiner Rückennummer und das Schullogo drauf hatte.
In der Schule gab es neben dem Unterricht viele Veranstaltungen. Im Herbst waren die Feierlichkeiten rund um den Homecoming-Ball. In der Schule gab es Theateraufführungen und viele
andere Auftritte und alle haben mitgemacht, ich auch 😉. Beim Homecoming-Ball ziehen sich alle schick an und es gibt eine Party.
In Louisiana sind viele Menschen sehr gläubig und gehen oft zur Kirche. Es gibt viele Kirchengemeinden und jeden Sonntag ist Gottesdienst. Während der Woche gibt es Gruppen, die sich treffen und auch ich habe mich jeden Mittwoch mit der Jugendgruppe meiner Gemeinde getroffen. In Deutschland geht meine Familie nicht zur Kirche, aber in den USA ist das ganz anders.
Die Gottesdienste sind viel offener und die Leute viel lockerer. Man redet dort auch über viele nicht kirchliche Themen und lernt andere aus der Gemeinde kennen. Das Zusammenleben und die
Hilfsbereitschaft untereinander sind für die Leute auf dem Land das Wichtigste und man achtet mehr auf seine Mitmenschen als ich das aus Deutschland kenne.
Im Herbst habe ich dann Halloween in Amerika erlebt. Es gibt Kürbisschnitzwettbewerbe, Leute verkleiden sich, die Häuser sind geschmückt und die Kinder sammeln Süßigkeiten bei den Nachbarn.
Im November war ich mit meiner Gastfamilie in Houston/Texas bei der Schwester meiner Gastmutter zum Thanksgiving-Fest. Es gab ganz viel zu essen und natürlich einen Truthahn, der frittiert wurde. Thanksgiving wird fast genau so oder zum Teil noch mehr zelebriert als Weihnachten. Die ganze Familie kommt zusammen und es wird viel gespielt, gelacht und ganz viel gegessen.
Und dann ging es schon auf Weihnachten zu und ich habe mit meinen Freunden deutsche Weihnachtskekse gebacken, die allen sehr gut geschmeckt haben. Die Amerikaner schmücken ihre
künstlichen Weihnachtsbäume schon im November. Ansonsten gibt es vieles, was an zuhause erinnert. Weihnachtliche Dekorationen und Lichter, Geschenke werden gekauft und verpackt, es wird gebacken und es gibt viele Heimlichkeiten. Die Bescherung findet am 1. Weihnachtstag morgens statt und es gab viele Geschenke für jeden.
Das Silvesterfest lief ähnlich ab wie bei uns. Man feiert mit Freunden und der Familie, es gibt viel zu Essen und um Mitternacht gibt es ein Feuerwerk.
Im Januar begann dann das Tennistraining in der Schule, da die Football-Saison vorbei war. Ich habe mich für die State-Meisterschaften qualifiziert und bin bis ins Viertelfinale gekommen. Meine Schule hatte das beste Tennisteam einer öffentlichen Schule in ganz Louisiana. Die anderen Tennismannschaften waren in der Regel von Privatschulen. Beim Tennis und auch bei vielen anderen Sportarten werden die Spieler durch Spendengelder von Privatleuten oder Firmen unterstützt, damit die Eltern nicht so viel Geld für die Ausrüstung ausgeben müssen. Manchmal gibt es auch noch Bandenwerbung mit Fotos.
Im Frühjahr gab es dann als besonderes Highlight Madi Gras. Es wird zum gleichen Zeitpunkt gefeiert, wie bei uns Karneval. Die Leute verkleiden sich auch, es gibt Umzüge, alle tragen bunte Ketten und es gibt buntes, süßes Gebäck.
Und dann ging es schon langsam auf den Schuljahresabschluss zu. Zuerst war Prom. Ein großer Ball, wo alle ganz schick angezogen sind und man gemeinsam feiert. Im April war dann die Graduation Party von meinen Freunden aus der Abschlussklasse. Im Anschluss bin ich mit meinen Freunden auf eine Abschlussfahrt nach Panama City gefahren und ich war zum ersten Mal an einem amerikanischen Strand. Wir waren den ganzen Tag draußen und sind viel geschwommen oder gesurft.
Und dann war auch schon Mai und das Schuljahr zu Ende. Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen. Meine Familie hat mich bei meiner Gastfamilie abgeholt. Es gab noch eine große Abschiedsparty, zu der alle meine Freunde eingeladen waren. Ich bin dann noch drei Wochen mit meiner Familie durch einen Teil der USA gereist. Unser erstes Ziel war New Orleans, wo es dann mit dem Flieger weiter Richtung Westen ging. Am vorletzten Tag in New Orleans kamen dann noch ein paar meiner Freunde, die den ganzen Weg von Columbia nach New Orleans gefahren, um mich dort zum Flughafen zu bringen und mich zu verabschieden. Ich freue mich schon darauf, wenn einige von ihnen mich im nächsten Jahr in Deutschland besuchen werden.
Es war ein sehr erlebnisreiches und großartiges Jahr und ich würde es jederzeit wiederholen. Ich kann allen nur empfehlen, auch ein Auslandsjahr zu machen. Egal wo man landet, es kommt auf die Menschen an, die man kennenlernt. Wenn man aufgeschlossen ist, machen die Amerikaner es einem wirklich leicht. Man lernt so viele neue nette Leute kennen, man lernt die Sprache und die Kultur kennen und das ist eine Erfahrung, die einem niemand mehr nehmen kann. Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Jahr erleben konnte.